Die Vorgeschichte (von Februar bis Juli 2010)
Sabine und ich träumen schon sehr lange vom eigenen Haus im Grünen. Der Traum scheiterte an unzähligen finanziellen Unwägbarkeiten wie Studium, Kindern und anderen ähnlich exklusiven Hobbies.
In unserer Vorstellung bauten wir ein Haus mit ungefähr 150 Quadratmetern Wohnnutzfläche und etwa 70 Quadratmeter Kellerfläche. Es sollte ein Flachdachhaus oder zumindest ein Pultdachhaus mit großen Fensterflächen im Süden sein. Als Heizung hätten wir uns eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe vorgestellt die über zwei Brunnen das Grundwasser zur Beheizung heranzieht. Auf dem Dach sollte eine Solaranlage zur Heizungsunterstützung stehen. Im Süden unseres Anwesens – im Traum fühlen sich 500 Quadratmeter Grundfläche etwa wie 2.000 an – liegt ein überdachter Pool mit Solarbeheizung und in der Nähe plätschert das Wasser über einen künstlichen Bachlauf. Das Grundstück ist von einem modernen Zaun aus Edelstahl und Holzstäben gefertigt und unter dem Carport stehen unsere Autos geschützt vor Wind und Wetter. Im Winter sollte im Wohnzimmer ein Kaminfeuer prasseln und die offene Küche sorgt dafür, dass wir von Familie und Gästen nicht abgeschnitten sind wenn wir wie die Chefköche in der Küche zaubern.
OK. Soweit die Traumvorstellung. In der Realität dürfen wir auf Grund der Bauordnung weder Flach- noch Pultdach bauen sondern müssen ein Haus mit einem Sattel- oder Walmdach hinstellen. In jedem Fall darf die durchschnittliche Gebäudehöhe nicht über fünf Meter hinausgehen. Maximal acht Meter darf das Haus dann im Giebelbereich messen. Unser Grundstück ist natürlich gerade groß genug um neben dem Haus noch einen Pool und eine kleine Terrasse unterzubringen, mehr brauchen wir aber auch nicht.
Seit dem Sabine und ich uns kennen sind wir regelmäßig durch Fertighausparks spaziert um uns Ideen zu holen oder einfach nur weil es um nichts schlechter ist als durch einen Park zu wandern.
Im Februar 2010 schlenderten wir wieder einmal durch die „Blaue Lagune“, einem Fertighauspark in der Umgebung Wiens. Wie schon so oft gingen wir auch in die Häuser hinein und sahen uns ein wenig um – nur zum Träumen. In unseren Gedanken entstand schon die vollunterkellerte Villa mit allem Drum und Dran für extrem günstige 200.000 Euro. Sozusagen „Einmal Villa mit Alles zum Mitnehmen!“.
Wenn man durch die Fertighäuser geht und sich die Preisauszeichnungen ansieht scheint das durchaus machbar – ich meine Häuser ab 85.000 Euro, das müsste sich doch mit 200.000 ausgehen.
In einem der Häuser liefen wir einem durchaus sympathisch wirkenden Verkaufsberater in die Arme und ließen uns über die ungefähren Kosten eines Hauses ohne Keller beraten. Schließlich wussten wir bereits vom Hausbau meiner Eltern, dass wir uns einen Keller schon mal mit Sicherheit nicht leisten können werden. Hier würde kaum nutzbarer Raum ohne, oder mit relativ wenig Tageslicht zu einem unglaublich hohen Quadratmeterpreis entstehen. Vor allem die Tatsache, dass auf unserem Grundstück der Grundwasserspiegel sehr hoch liegt würde den Preis dann nochmal extrem hochjagen. Der Keller müsste daher in einer Dichtbetonwanne stehen und entsprechend des Wasserdruckes aus Dichtbeton gefertigt werden. Das Alles für ein wenig Abstellraum wäre uns einfach zu viel Aufwand.
Zurück zu dem Verkaufsberater der uns auch die Option eines unverbindlichen Finanzierungsgespräches mit einem Berater einer kooperierenden Bank anbot. Da wir ja nichts zu verlieren hatten, und „unverbindlich“ im Zuge des Hausprojektes zu einem meiner Lieblingswörter wurde, nahmen wir das Angebot an und legten dem Finanzberater sowohl unsere finanzielle als auch unsere derzeitige berufliche Situation offen.
Der Finanzierungsberater war nach Prüfung unserer Daten der festen Überzeugung, dass wir eine gewisse – ziemlich ansprechende – Summe absolut problemlos erhalten würden, und steckte uns damit den finanziellen Rahmen für unser Bauprojekt ab. Mit diesem Rahmen in der Tasche machten wir wieder einen Termin mit dem Verkaufsberater der Fertighausfirma. Wir erhielten eine leicht angepasste Version eines Modellhauses ohne dem Wintergarten und anderem teuren Schnickschnack. Lediglich eine Gaupe – oder wie es in diesem Fall im Baujargon heißt, eine überhöhte Südfassade – war unsere Bedingung, da wir eigentlich kein Satteldachhaus wollten, die Niederösterreichische Bauordnung in Verbindung mit der auf unserem Grund gültigen Bauklasse aber keine andere Möglichkeit ließ.
Bei unserem nächsten Treffen mit dem Verkaufsberater war klar, dass es mit der angepeilten Traumvilla zum Preis eines besseren Sportwagens wohl nichts werden wird. Aber zumindest bleiben wir im Finanzierungsrahmen. Es sind die kleinen Erfolge die einen über Wasser halten 🙂
Wir erhielten nun also ein „Rundum Sorglos Angebot“ bei dem wir uns nur noch um den Aushub, die Bodenplattendämmung, Innentüren, Bodenbeläge, Sanitärobjekte und die Brunnenbohrung für die Erdwärmeheizung kümmern müssten. Das komplette Haus sollte bereits etwa 70% unseres Finanzrahmens kosten, da müsste sich der Rest mit 30% doch ausgehen.
Nach ein paar Tagen Bedenkzeit gingen wir erneut zum Fertighausanbieter und unterschrieben einen Kaufvertrag, jedoch mit kostenlosem Stornorecht ohne Angabe von Gründen über einen bestimmten Zeitraum. Das Stornorecht war uns wichtig, damit wir im Falle eines Problems mit der Finanzierung nicht in die Schuldenfalle tappten.
Wie zur Bestätigung unserer Befürchtungen schaffte es der supertolle Herr Finanzberater nun doch nicht eine entsprechende Finanzierung auf die Beine zu stellen. Irgendwie war die Bank bei genauerer Betrachtung unserer Daten drauf gekommen, dass sie mit uns nicht zusammenarbeiten möchte. Zur Sicherheit haben sie uns wahrscheinlich auch gleich auf die Blacklist gesetzt. Nur zur für den Fall, dass wir auf einem anderen Weg noch mal versuchen bei ihnen eine Finanzierung zu erhalten.
Nebenher versuchten wir unser Glück über die Finanzberaterin von Sabines Schwester. Diese probierte mal hier mal da ob sie eine Finanzierung aufstellen könnte und kam mit immer neuen, grandiosen Ideen wie wir die Finanzierung erhalten könnten. Besonders angetan war sie von der Idee einen Bürgen in den Kredit hineinzunehmen – ihr schwebte Sabines Mutter vor, was wir eigentlich nicht wollten weil es ja eigentlich auch selbst gehen müsste. Außerdem hat die Schwiegermama dann einen Kredit am Hals und keine Chancen auf eine Finanzierung sollte sie jemals eine für sich selbst benötigen.
Als nächste kam die Idee der Bank, dass wir das Haus meiner Eltern besichern könnten, als ob unser Haus mit Grund nachher nicht als Sicherung reichen müsste – so ein Schwachsinn. Mit jeder Nachricht einer Bank wurden wir ein wenig pessimistischer was den Erhalt einer passenden Finanzierung anging. Außerdem stieg unsere Ablehnung Banken gegenüber.
Unabhängig von den Rahmenbedingungen variierten die angebotenen Finanzierungssummen sehr stark. Eine Bank unterbot in der Gesamtsumme die Nächste. Eines der Angebote hätte ernsthaft nur die Hälfte der benötigten Finanzierungssumme ausgezahlt. Aber wir könnten natürlich auch sofort zwei Drittel des Kredites erhalten und im nächsten Jahr bei der Bank anfragen ob wir nun das letzte Drittel auch bekämen.
Na ganz sicher, das werden wir machen. Wir sagen einfach der Fertighausfirma, dass sie uns einmal zwei Drittel vom Haus liefern sollen – vorzugsweise den Teil mit Toilette und Bad damit wir nicht in die Büsche aufs Klo gehen müssen. Wie kommt man eigentlich auf so eine schwachsinnige Idee? Das kann wirklich nur so einem Bürohengst einfallen.
Also gut, es wird wohl nicht so einfach sein den Kredit zu bekommen der für uns so gar kein Problem sein sollte. Mittlerweile haben wir die Frist für die kostenlose Stornomöglichkeit beim Fertighaushersteller bereits zum zweiten Mal verlängert um weiterhin die Möglichkeit zu haben nach einer Finanzierung zu suchen.
Sabine und ich machten uns nun auf und sind von Bank zu Bank gezogen, immer mit demselben Anliegen. Wir erhielten die uns bereits bekannten abenteuerlichen Besicherungsvorschläge und Kreditangebote mit maximal 60-65% des benötigten Kapitals. Lediglich zwei Banken waren bereit mit uns eine Geschäftsbeziehung einzugehen. Die eine verlangte dafür einen geschmalzenen Risikozuschlag in Form von 3,8% Kreditverzinsung. Zu einer Zeit wo Kredite mit 2% Verzinsung schon zu den Teureren zählten kann man das als Zeichen geringer Begeisterung seitens der Bank werten. Die andere Bank legte uns ein Angebot mit 2,5% Verzinsung und wir waren erstaunt. Zudem bot uns die Bank eine Finanzierung über die benötigte Gesamtsumme an. Zum ersten Mal wurde uns nicht symbolisch ins Gesicht gespuckt.
Sehr gut. Es ging ab jetzt aufwärts! Bis wir die ersten angeforderten Kalkulationen für Aushub, Bodenplattendämmung, Brunnenbohrung, und, und, und zusammen hatten. Das Haus macht dann gerade noch zwei Drittel der Gesamtsumme aus. Da fehlen uns aber noch der Zaun, das Carport, der Kamin im Wohnzimmer, der Pool, die Einrichtung, ja was weiß denn ich noch alles. Also in Summe schießen wir um ungefähr 35% über unser angepeiltes Budget hinaus wenn wir fertig sind. Es würde wahrscheinlich auch nicht reichen wenn ich eine meiner Nieren verkaufen würde.
Der Verkaufsberater der Fertighausfirma schlug uns vor die Elektroverkabelung selbst zu machen, die Solaranlage zu streichen und auf eine Gasheizung umzuschwenken. So könnten wir uns doch glatt ca. 5% sparen. „ZISCH“ ein Tropfen auf dem heißen Stein, weil wir preislich noch immer weit drüber waren. Komplett mit den Nerven runter haben beschlossen den Weg möglichst großer Eigenleistung zu gehen. Das geht allerdings nur wenn wir die Organisation selbst in die Hand nehmen und versuchen möglichst günstig an die einzelnen Gewerke zu kommen. Daher haben wir den Vertrag mit der Fertighausfirma storniert.
Und da stehen wir nun. Eine Kreditzusage, eine Idee und keine Ahnung was noch auf uns zukommt.